Donnerstag, 21. Januar 2016

Wie alles begann


Jeffrey Archer
Spiel der Zeit
Band 1 der Clifton Saga
Heyne 2015

Jeffrey Howard, Baron Archer of Weston-super Mare, kurz: Jeffrey Archer, gehört zu den profiliertesten englischen Autoren populärer Unterhaltungsliteratur. Mit seinem Erstling „Not a Penny More, not a Penny Less“ (mit dem verunglückten deutschen Titel „Es ist nicht alles Gold, was glänzt“ - besser wäre wohl „Auf Heller und Pfennig“), erschienen 1976, eroberte er die Bestsellerlisten. Mit „Kain and Abel“ (1979) und der Fortsetzung „The Prodigal Daughter (1980) schuf er eine wunderbare und spannende Familienchronik, die sich über eine Zeitspanne von über 60 Jahren entfaltet. Nun ist seit einiger Zeit der erste Band der „Clifton Saga“ mit dem Titel „Spiel der Zeit“ („Only Time will tell“, 2011) im Buchhandel erhältlich.
Vielleicht ist das Genre „Saga„ eine Stärke von Jeffrey Archer. Die erwähnten früheren Romane legen darüber ein beredtes Zeugnis ab. Außerdem ist die Familiensaga fest im Königreich verankert, man denke beispielsweise an die Forsyte-Saga von John Galsworthy. Und vielleicht hat Archer sogar dieses Genre mit neuen Varianten bereichert, da er auf sublime Weise den Gesellschaftsroman mit Thriller-Elementen vermischt.

Der Protagonist des ersten Teils trägt den Namen Harry Clifton, der Sohn von Maisie und Arthur Clifton, einem einfachen Arbeiter im Hafen von Bristol. Oder war Harrys Vater vielleicht doch nicht Arthur Clifton, sondern der vermögende Reeder Hugo Barrington? Für Harry, der nahe der Hafendocks von Bristol heranwächst, ist klar: Sein Vater ist Arthur Clifton, der schon bald nach Harrys Geburt am Ende des Ersten Weltkriegs als Soldat gefallen ist – oder doch nicht im Krieg umgekommen, sondern auf mysteriöse Weise verschwunden?

Mit dieser Konstellation „Armes Arbeiterkind – „Steinreicher möglicher Vater“ und dem Geheimnis um Arthur Clifton entwickelt sich allmählich das Familiendrama. Denn später, während seiner Schulzeit, wird Harry die Kinder Giles und Emma Barrington kennenlernen. Enge Freundschaftsbande werden geknüpft, sehr zum Missfallen von Mr. Barrington. Doch bald lichtet sich das Dunkel um Harrys Herkunft, und es kommt zu dramatischen Ereignissen. Der Leser ahnt, wie die Krallen des Schicksals nach Harry greifen, doch er selbst geht aufrecht seinem Glück entgegen, ohne zu ahnen, dass dieser Weg in einer Sackgasse enden wird. 

Der Zweite Weltkrieg beginnt, und Harry, wohl wissend, dass ihm seine zum Greifen nahe gerückte verheißungsvolle Zukunft entgleitet, meldet sich zur Marine. Ein einmaliges und an Dramatik nicht mehr zu überbietendes Schlusskapitel führt Harry nach New York. Dort wird er von der Polizei verhaftet. Den Grund erfährt der Leser im letzten Satz des ersten Teils der Trilogie: „Der leitende Detective blieb stehen, sah ihm in die Augen und sagte: 'Mord'“. 

Die Anlage des Romans ist wohl durchdacht und klar gegliedert. Die Handlung wird aus der Perspektive der Hauptakteure geschildert. Es geht um eine und dieselbe Zeitspanne, erzählt von Harry selbst, seiner Mutter Maisie und Hugo Barrington. Dann schreitet die Zeit fort, neue Akteure treten in die Geschichte ein, und wieder erfährt der Leser das Geschehen abwechselnd aus der Sicht der in die Handlung eintretenden Personen. Auf diese Weise verdichtet sich der Erzählfluss, Spannungsbögen tun sich auf, Unerwartetes geschieht und Geheimnisse tauchen auf, die aber schon im Kapitel des folgenden Akteurs gelüftet werden. Der Leser befindet sich immer auf der Höhe der handelnden Personen. Dadurch wird er aber auch in Kenntnis gesetzt von Ereignissen, die sich auf den einen oder anderen Mitakteur katastrophal auswirken könnten.

Am Ende des ersten Teils der Trilogie legt man das Buch fassungslos aus der Hand. Der Lebensweg Harrys hat einen gefangen genommen. Und mit dem letzten bereits zitierten Satz fragt man sich: „Wie kann das weitergehen?“ Natürlich geht es weiter. Man muss sogar nicht mehr allzu lange warten, denn schon am 9. November erscheint der zweite Band: „Das Vermächtnis des Vaters“.

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