Mittelalterliche Malerei im Kaiserstuhl
Breisach - Wasenweiler - Bötzingen/Oberschaffhausen - Niederrotweil - Bischoffingen
Breisach, Münster St. Stephan
Die katholische Stadtpfarrkirche wurde 1146 erstmals erwähnt. Chor und Südturm entstanden um 1270. Um 1330 begann der Bau des Kirchenschiffes im Westen. Die monumentalen Wandmalereien der Westteile hat der bedeutendste Maler des Spätmittelalters am Oberrhein, Martin Schongauer, ab 1488 vorgenommen. Von diesem Jahr an war er bis zu seinem Tod 1491 Bürger von Breisach.
Westwand im Breisacher Münster (Kreis Freiburg). Christus als Weltenrichter von Martin Schongauer (Foto: Baden-Württemberg Denkmalpflege).
Im Süden, Westen und Norden hat Schongauer, inspiriert vom Niederländer Roger van der Weyden, das Jüngste Gericht gleich einem Triptychon dargestellt. Oben das zentrale Bild mit dem Weltenrichter. Links und rechts von ihm Maria und Johannes als Fürbittende, sowie Apostel und Patriarchen des Alten Testaments. Zu seinen Füßen die Posaunenengel, das jüngste Gericht ankündigend. Darunter erheben sich die Toten aus ihren Gräbern. Links und rechts der Rosette (oben) erkennt man zwei Engel mit den Marterwerkzeugen.
An der Nordwand breitet sich in einer wild bewegten Komposition die Hölle aus mit den Verdammten, die von grauenhaften Teufelsgestalten in das Höllenfeuer gestoßen und gepeinigt werden. Gegenüber auf der Südwand erblickt man das Paradies.
Wasenweiler, Vituskapelle
Die am westlichen Ortsrand gelegene Kapelle ist als kleine Saalkirche mit einem polygonal geschlossenen Chor um 1470 erbaut worden. Die spätmittelalterlichen Wandmalereien stammen aus der Zeit um 1500.
Die Apostel Jakobus und Petrus mit ihren Spruchbändern im Chor
Vitus heilt den fallsüchtigen Sohn des römischen Kaisers Diokletian
An der Südwand wird die Vituslegende erzählt. Vitus aus Mazzara, Sizilien wird von seinem Vater geprügelt, weil er nicht dem neuen Glauben abschwören will. Er flieht nach Lukanien und macht sich rasch durch Wunderheilungen einen Namen. Er heilt den fallsüchtigen Sohn des Kaisers Diokletian. Dennoch verfolgt ihn der römische Kaiser mit Gefängnis und Folter. Vitus bleibt standhaft und wird schließlich von einem Engel erlöst und in den Himmel getragen.
Bötzingen/Oberschaffhausen
Pestkapelle St. Alban
Die Saalkirche oberhalb Bötzingens im Ortsteil Oberschaffhausen ist von 1473 - 81 erbaut worden - aus Dank, dass die im Breisgau wütende Pest den Ort nicht erreicht hat. Der Pestheilige Alban gibt die Thematik der Ausmalung vor. Auf dem Chorbogen schießen Pest-Dämonen Pfeile ab. Um sie herum und auf den Nord- und Südwänden sind Märtyrer zu sehen, die durch Pfeile ums Leben gekommen sind.
Unmittelbar unter den Dämonen sterben Ursula und ihre Jungfrauen im Pfeilhagel der Hunnen in Köln.
An der Nordwand ist das Leiden und Sterben des Hl. Sebastian in einem Zyklus zu verfolgen.
Am rechten Chorbogen geben sich (von links nach rechts) der Hl. Rochus, Maria mit dem Kind und der Hl. Sebastian ein Stelldichein. Rochus, Maria und Sebastian wurden häufig zum Abwenden der Pest aufgerufen.
Nur der Kirchenpatron Alban kommt nicht durch Pfeile ums Leben. Er wird von den Vandalen gefoltert und enthauptet.
Der Besuch der Kapelle ist ein Erlebnis. Die Wände sind komplett mit Malereien ausgestattet - wenn auch zum Teil fragmentarisch. Bei dem Künstler handelt es sich um einen herausragenden oberrheinischen Meister, dessen Detailrealismus im lebendigen Gestenspiel und in den dynamisch agierenden Personen zum Ausdruck kommt.
Niederrotweil, St. Michael
Die erste Erwähnung der Kirche liegt in einem Dokument von 1157 vor. Der rechteckige Saalraum und die erhöhte Ostapsis könnten sogar noch dem 11. Jahrhundert zugeschrieben werden. Aus dieser Zeit oder zu Beginn des 12. Jahrhunderts dürften wohl auch die spärlichen Freskenreste über dem Chorbogen entstanden sein.
In einer szenischen Folge sind die einzelnen Phasen der Kreuzigung zu verfolgen.
Die Ausmalung des Chors erfolgte um 1350. In der östlichen Gewölbekappe thront Christus Pantokrator, umgeben von den vier Symbolen der Evangelisten (von links oben):Engel oder geflügelter Mensch (Matthäus), Adler (Johannes), geflügelter Löwe (Markus) und geflügelter Stier (Lukas). Die Thematik entstammt der Apokalypse des Johannes und verweist auf das Jüngste Gericht.
Evangelische Pfarrkirche, Bischoffingen
Der Chor und der Turm stammen aus dem 14. Jahrhundert. Die Ausmalungen im Chor aus der Zeit um 1350 sind verhältnismäßig gut erhalten und warten mit einem überraschenden und selten gezeigten Motiv auf.
In den Fensterlaibungen erkennt man Propheten des Alten Testaments mit ihren Spruchbändern. Der Lebensbaum (links) steht im sinnvollen Kontrast zur Passion Christi (rechts): Durch den Opfertod Christi hat der Gläubige die Möglichkeit, nach dem Tod ins ewige Leben einzutreten. Über dem Kruzifix (16. Jahrhundert) ist eine Übermalung mit einem Bischof und dem Hl. Jakob aus der Zeit um 1500 auszumachen. Darüber mag man eine Ölbergszene erkennen.
Im Gegensatz zum Meister von St. Alban (Oberschaffhausen) erscheinen die Figuren ungelenk. Die Gestaltung der Szenen nimmt sich sperrig aus. Dargestellt ist die Kreuzabnahme in zwei aufeinanderfolgenden Szenen.
Links des Chorscheitelfensters ist der Lebensbaum, gekennzeichnet als "die welt", zu sehen. Es wird vom Einhorn bestürmt (angen - mittelhochdeutsch angreifen) und von einem skelettartigen Wesen, dem Tod, vom Tag und von der Nacht. Im Geäst des Baumes steht ein Höfling mit einer Taube (Attribut der Venus), dem Zeichen seiner Jugend und Leichtlebigkeit. Über ihm mahnt ein Engel und ihm gegenüber lockt der Teufel. In der Krone des Baums erhebt sich Christus, der Erlöser.
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